Liebe S.,
das ist jetzt politisch. Ich habe gestern auf Arte eine Sendung gesehen:
Re: Breaking the silence.
Als ich letztes Jahr in Israel war, bin ich mit einigen Aktivisten einer anderen Friedensorganisation (combattants for peace)in Kontakt gekommen und war beeindruckt von deren Arbeit für den Friedensprozess zwischen Israel und Palästina.
Nun sah ich zufällig gestern auf ARTE diese Sendung- es ist tatsächlich so, das Breaking the silence polarisiert, auch wohl bei den in Israel arbeitenden Friedensorganisationen. Nichtsdestotrotz ist Aufklärung notwendig:
Breaking the silence gibt ehemaligen Israelischen Soldaten die Möglichkeit, über ihre Einsätzen in von Israel besetzten Palästinensergebieten zu sprechen (Arte)
Wen näheres interessiert, kann diese Sendung noch 4 Wochen lang in der Mediathek ansehen.
Aber worüber ich hauptsächlich schreiben möchte, ist über eine Szene, die am Ende der Reportage (Minute 28) läuft:
Der Leader der Organisation, Yehuda Shaul, ist mit dem Reporterteam in Hebron, er spricht, wie ich finde bewegt, über das was er in Hebron erlebt hat, und dann fährt ein Auto mit israelischen Fahnen vorbei , hält an, ein Mann steigt aus, hält sein Handy vor sich, filmt Shaul, stellt Fragen, auf Hebräisch und Englisch, und filmt und filmt mit seinem Handy, während der Shaul zur Seite schaut, versucht nichts zu sagen, und ich bin wie gelähmt davor gesessen, und dachte: Was für ein Hass, und was für eine Stärke von Shaul, sich nicht provozieren zu lassen. Nicht zu sagen:Komm, Alter, pack dein Handy weg!
Er ist berührt, meine ich, bis die Reporterin sagt: Komm , lass uns gehen! da kann er : Yallah sagen und weggehen, während der andere in sein Auto steigt und mit wehenden Fahnen davon braust.
Viele Fragen stellen sich mir: Was ist das für eine Gesellschaft, die versucht zu dokumentieren was geht? Der wird seine kleine filmische Leistung bestimmt ins Internet gestellt haben. Wo bleibt die Privatsphäre? Sicher ist Shaul eine öffentliche Person und rechnet damit, immer im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit zu stehen. Trotzdem!Welch ein Mut gehört dazu, nicht aufzuhören, weiter zu machen, auch wenn du angefeindet wirst.
Er sagt einen guten Satz :
„Ich möchte mir am Ende des Tages in den Spiegel schauen können. Und wenn wir das Schweigen nicht brechen, dann erfährt es niemand. „
S., ich wäre manchmal auch gerne so mutig, denn es gibt so viel, was wir erzählen könnten, und was geändert gehört,….
Ich lese gerade von Hannah Arend :“Über das Böse“, und genau darum geht es immer wieder:
Nicht wegschauen, hinsehen, aufstehen, laut werden, und sich nicht nur kurz wundern, warum, wie Arend schreibt, erlernte moralische Prinzipien plötzlich nicht mehr gelten, der Bürger kurz irritiert ist, sich wundert, aber weil die Gesellschaft es okay findet, plötzlich anders -unmoralisch-zu handeln, der Bürger da einfach mitmacht. „Machen ja schliesslich alle so, also ist es auch okay, wenn ich da mitmache“.
Nee, nee, so will ich niemals sein!
Und ja, grün ist ne schöne Farbe, wenn auch nicht unbedingt in diesem Retrostyle, aber Grün ist Hoffnung.
Alles Liebe Kat.
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