…aus einer schönen alten evangelischen Kirche zur Sterbestunde Jesu…..
Liebe S.,
ich war im Gottesdienst. Ich hatte heute das Bedürfnis dazu.
Karfreitag hab ich immer zelebriert , in dem ich „Jesus Christ Superstar“ angehört hab, dieses Musical, und da gibt es dann die Szene, wo der Hammer klopft und „Jesus “ ruft: „My God, why have you forgotten me!“ Da hab ich dann immer geweint. Dieses mal aber dachte ich mir: Ich brauch einen Gottesdienst, ich, die evangelisch- lutherisch getauft ist und laut meiner Mutter katholischer als der Papst ist. Weil ich dieses ganze Weihrauchgedöns und Gebimmel so mag und vor allem! weil wir in München so einen tollen katholischen Pfarrer hatten, der mich sogar in den Pfarrgemeinderat berief, obwohl ich evangelisch bin, weil dem Herrgott ist es egal, ob katholisch oder evangelisch.
Gut, also heute: Alte evangelische Barockkirche im Herzen Augsburgs.(Die Katholen feiern den Karfreitag nicht so.)
Ich wollte eine alte Kirche, da ist mir ein bisschen heiliger als in diesen modernen kühlen Gotteshäusern.
Der Pastor trug einen schwarzen Talar mit weissem gefälteltem Kragen. Der war sauber, der Kragen und der Pastor begrüsste jeden Besucher mit Handschlag. Mich nicht, denn ich witschte vorbei, ich wollte ihm noch nicht die Hand geben, ich kannte ihn ja nicht. Dann kam er später und verteilte Kissen. Damit der Gottesdienst nicht so hart wird, hat er gegrinst.
Derweil betrachtete ich die bedrohlich dunklen Gemälde an der Kirchenwand.
Das Orgelspiel begann, es war kurz vor drei .Die Sterbestunde Jesu ist um 15.00 genau.
Es begann mit leichten sanften Tönen, und um drei Uhr ertönte die Orgel mächtig, gewaltig, mit Disharmonien, es brauste und tobte und sauste, und dann schlug die Uhr im Gotteshaus mit leichtem glockenhellem Klang erst vier, dann drei mal, und die Orgeltöne wurden wieder leicht und wehmütig.
Toll.
Ich beobachtete die Leute.
Eine Grossmutter wollte mit ihrem Enkelkind auf die Toilette, aber sie schaffte es nicht, die schwere Kirchentür zu öffnen. Da huschte eine junge Frau zu ihnen hin, und drückte die schwere Klinke hinunter und öffnete die Tür.
Während einer feierlichen Orgeleinlage wollte der Küster mit dem Klingelbeutel losgehen,aber der Pastor(oder sagt man in Bayern auch zu einem Evangelischen Pfarrer?) hat abgewinkt, und geflüstert: Jetzt nicht, passt nicht.
Der PastorPfarrer begann seine Predigt , und ich fand irgendwie Trost in den Worten. Er sprach vom Zusammenrücken in Katastrophenstunden, vom sich-aufeinander-besinnen in der Not , und ich dachte, ja, das passt.
Er verlas den 22. Psalm: Mein Gott ,warum hast du mich verlassen? Und das ist der , der mich so anrührt, denn das macht Jesus so menschlich in meinen Augen. Dass Jesus zweifelt und Angst hat, wie wir alle.
Dann sang die Gemeinde mit dünnen Stimmen unbekannte Lieder, vom GolgathaFelsen und ich dachte daran, wie ich da letztes Jahr stand , an diesem Felsen in der Geburtskirche in Jerusalem und mir so gar nicht heilig war dort.
Dann erschallte erneut die Orgel, es wurde der Segen gesprochen und beim Hinausgehen gab ich dem PastorPfarrer die Hand und er wünschte von ganzem Herzen einen gesegneten Feiertag.
Das wünsche ich allen und dir vor allem auch!

Liebe Grüsse Kat.
(Ach ja, nur zur Info: Im Evangelischen legt man mehr wert auf das Sterben Jesu als auf die Auferstehung. Die zelebriert man im Katholischen mehr. So ist das. Weisste Bescheid. Deshalb bin ich gerne beides. Sozusagen Ökumenisch 😉 )
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