Liebe S.!
eben klingelte ein junger Mann an meiner Tür. Dunkelhaarig, mit einer Plastiktüte in der Hand, in der Lebensmittel waren, Cornflakes und Äpfel. Er nannte seinen Namen und fragte in gebrochenen Deutsch: „Guten Tag, liebe Dame, habe Arbeit für mich?“ Ich sagte nein, leider,.. und wollte die Tür zu machen, da fragte er: “ bitte, haben vielleicht ein bisschen Geld?“
Da merkte ich, wie in mir Ärger hochkam und ich sagte: Nein, das mach ich nicht, ich geb nichts an der Tür. Und hab ihm die Tür vor der Nase zugemacht. Oh Mann!
Und dann stand ich in meiner Küche vor meinem prallgefüllten Kühlschrank, und fühlte mich mies. Was, wenn er wirklich Not hat? (Denn eigentlich denk ich ja immer an so Bettelorganisationen,und da will ich auf gar keinen Fall meinen Beitrag zu leisten. )Was wenn ich ihn gefragt hätte,woher er kommt? Hätte ich einen Unterschied gemacht, wenn er gesagt hätte , er käme aus Syrien oder er käme aus Rumänien? Er nannte sich Nikolas. Heissen Kriegsflüchlinge Nikolas? Mache ich tatsächlich einen Unterschied zwischen hilfesuchenden Menschen , bevorzuge ich Menschen, die wegen Krieg geflohen sind vor Menschen, die in meinen Augen wegen einer materiell besseren Zukunft ihre Heimat verlassen? Eigentlich dachte ich , ich denke so nicht. Aber warum reagiere ich so, wenn jemand an meiner Haustür bettelt? Ist betteln was anderes als um Hilfe bitten?
Und wie muss es sein, wenn dir die Türen vor der Nase zugehauen werden? Nach 10 Minuten nachdenken wäre ich am liebsten hinterher gelaufen und hätte ihm wenigstens Brot gegeben. Oder nicht? Wieder nur ein Gedanke, um mein Gewissen zu beruhigen? Kurz danach stand ich im Garten und da kommt ein weiterer Typ durch die Gartentür und blind wie ich bin, dachte ich: Warum kommt jetzt der nächste und bettelt? Oder pfeift der mich jetzt zusammen, weil ich diesem Jungen nichts gegeben habe? Und warum schleppt der ein Paket Blumenerde? Ich hab ihn wütend angefunkelt und er stammelte: Iss Bost fir Nachbar. Oh man, der Baketbostbote!Ich sag dir, das tat mir dann auch wieder leid, dass ich den so angefunkelt hab, der sprach noch weniger Deutsch als der Junge, der gebettelt hat.
Was mich aber erschreckt, ist, das ich eigentlich der Meinung bin, ich sei ein guter christlicher Mensch, und wenn es drauf ankommt, dann schnappen meine Jalousien zu und ich denke bloss: HAU AB! komm mir nicht zu nahe! Ich will selbst entscheiden, wem ich was gebe, und ich will vor allem Zeit dazu haben, was zu geben. Oder eben auch nicht.Mein JüngstLiebsterSohn hat vor einigen Wochen einem Bettler, der an der Tür klingelte, eine Tüte Obst gegeben. Das war doch okay, Mama, oder? Klar, und ich war so stolz auf meinen Sohn.
Und schäme mich ein wenig, das ich heute so nicht reagiert hab.
Was machst du in solchen Situationen?
Liebe nachdenkliche Grüsse
Kat.
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