Abitur zum Glücklichsein?

Liebe Freundin S.,
auch ich habe kein Abitur. Als es um die Aufenthaltsbestimmung meine Sohnes nach der Scheidung ging, sagte mein Ehemaliger Mann(ich vermute , in seiner Verzweiflung): Unser Sohn sei bei ihm besser aufgehoben als bei mir. Schliesslich habe er (der Vater) Abitur und könne dem Sohn in der Schule folglich besser helfen.
Ich habe natürlich gedacht: Jetzt bin ich 18 Jahre mit diesem Mann verheiratet gewesen und der hält mich für ungebildet!
Allerdings bin ich immer glücklicher mit meiner Arbeit gewesen als er.
Zum Glücklichsein benötigt man kein Abitur. 
Möchte ich studieren? Nö. Lernen kann ich auch so. Ich kann lesen, ich kann mich austauschen.
Was ich mir wünsche, ist Unterstützung , wenn ich mich beruflich verändern oder weiterbilden möchte.
Die finanzielle Unterstützung für meine Palliative Care Ausbildung hab ich nicht so ohne weiteres von meinem Arbeitgeber bekommen, und das schlimmste ist, ohne einen gewissen Anstoss wäre ich nie darauf gekommen, zu fragen, ob mir der Arbeitgeber etwas dazu beisteuert. Typisch weibliches Verhalten.Ich dachte, das klappt eh nicht. Aber dann hab ich es gewagt, zu fragen,  und sie unterstützen 60 % der Kosten, und das bedeutet auch für mich, sie  heissen es gut, was ich dort lerne.
Das hat mir sehr viel Schwung gegeben die letzten Tage.

Im Kurs ging es um SelfCare, unter anderem. Selbstfürsorge auf Deutsch gesagt. Dazu gehört auch, Positives zu erkennen und anzunehmen. Es ist leichter zu klagen und alles zu verwünschen. Das System, die Chefs, die Bundesregierung,…

Während dieser SelfCare Stunde habe ich gemerkt, was bei uns in der Arbeit gut ist. Heute habe ich meinen  Kolleginnen davon erzählt. Und als wir Feierabend hatten, sind wir gemeinsam zu den  Umkleiden gegangen. Und dann bemerkte eine: Das ist auch SelfCare, das wir gemeinsam Feierabend machen, dass die einen auf die andere gewartet haben.  Das ist schön jetzt.
Und ich dachte so: Fein!Das nennt man : Das Erlernte multiplizieren und weiter geben.

Hätte ich Abitur gebraucht? Hätte ich was anderes lernen wollen? Nein. Ich wünsche mir, irgendwann die Stunden auf ein gutes Mass reduzieren zu können, damit ich reisen kann. Ich möchte so gerne viel verreisen. Vielleicht hätte ich im Ausland gearbeitet, wenn die Kinder nicht gekommen wären. Vielleicht hätte ich mich das nur trauen müssen.
HättehätteFahrradkette….

Yepp, …. unsere Arbeit fängt da an wo andere sich vor Entsetzen übergeben…., wie Schotty sagt. Aber irgendwie gefällt es uns doch, oder? Mir macht es irre Spass, anderen mit meinen Geschichten aus dem Klinikalltag das Essen zu verderben, haha! auch ne Form von SelfCare,… bleibt mehr für mich übrig!
Liebe Grüsse, Mitbewohner kocht! Auf gehts!
K.

Es könnte einfacher sein… vielleicht

Liebe K.,

wie du weisst… ich auch nicht.. kein Abitur.. seufz.. sonst hätte ich studiert und einen anderen Weg beschritten.. seufz.. nun kann ich maximal an die Erwachsenenuni .. ohne Scheine machen zu können allerdings.. wenn es noch Plätze hat.. Philosophie wäre mein Fav.. vielleicht nächstes Jahr ..

Ich möchte so gern raus aus diesem Alltagstrott der Arbeit und lernen.. mich weiterbilden.. Zeit dafür zu haben und nicht wie ein Schluck Wasser in der Kurve hängen und unseren ach so nützlichen Beruf weitermachen..Unsere oberste Oberaufsicht hat verlauten lassen, dass wir zu teuer sind und nicht damit rechnen dürfen mehr Pflegekräfte zu bekommen. Es sollen mehr  Arzthelferinnen und andere „Hilfen“ eingestellt werden , die günstiger sind als wir. Tja.. ich sach ma.. viiiel Spass im Schockraum und bei der Reanimation… bei der Überwachung von instabilen Patienten.. beim Einschätzen von Situationen..

Ich liebe Schottys bockige Art..und er steht zu seinem Job . Auch ohne Abitur!

„Meine Arbeit fängt da an, wo sich andere vor Entsetzen übergeben“.. sein Satz..

Kennen wir auch, oder ?!

Sonntaggrüsse

Deine S.

Raus und wech..sofort !

Liebe K.

ich würde sogern …. wech.. Urlaub.. jetzt.. einfach rumhängen und Wolken beobachten..

Was meine Arbeitssituation angeht soll ich mich laut Arbeitsamt besser an die Rentenversicherung wenden.. Rehaabteilung… usw usw.. aber sooo schlimm ist es doch noch gar nicht.. seufz.. mach ich trotzdem.. Termin steht schon fest.

Wie machen das nur andere in unserem Alter ? Ich frage es mich immer wieder.. Nicht auszudenken, wenn ich keinen Sport machen würde..sich fit halten für die Arbeit.. wie krass.. , oder ?!

Immerhin tut nach dem Sportprogramm nichts mehr so n bisschen weh und/oder ziept hier und da.. aber das Aufraffen… nun,  heute hab ich es geschafft und bin ganz froh darüber..

Was denn noch ? Andere Ernährung ? Basenreicher .. mehr Multivitamine.. ?

Mehr Spass! Einfach mehr lachen… mehr Spass haben.. Genau..Schade, dass wir nicht zusammen arbeiten.. so wie damals.. 1985  das war wenigstens lustig…mit Anita und Veronika… kicher…und wir hatten noch Pausen und konnten tratschen über Alles und Jeden..

herzliche Grüße

Deine S.

 

Was ist schon schön im Vergleich?!

Das da oben sind die Monstaz von Melanie Groger einer Illustratorin aus Hamburg.

Ich liebe diese Monstaz, und habe mir darum erlaubt sie hier zu zeigen, weil sie zu meinem Text passen.

Liebe K.,

Schönheit ist wirklich im Auge des Betrachters.. boaring boaring.. ich weiss.. aber ich finde es wirklich… Frauen sehen sich oft mit den Augen von vemeintlich anderen.. die sie vielleicht gar nicht so kritisch sehen. Es gibt Trends , Mode.. Ideale verändern sich.

Schubladen habe ich auch.. total doof… kritsche Blicke, abschätzige Gedanken über andere.. aber das hat alles mit mir zu tun. Weil ich manchmal selber unsicher bin.. weil ich mich im Schaufenster betrachte und denke.. Scheisse… man .. du siehst sooo schlimm aus.. unvorteilhaft gekleidet, zu praktisch.. Haare doof..nichts passt zusammen.. max. 2 Farben und ein color block oder wie das heisst… ich wär auch gern elfenhaft und bleibe einfach eine Art Zwölfe.Und dann steht pötzlich ein kleiner Hund da.. und hat einen Unterbiss und sieht ganz stuppig aus…und äugt misstrauisch .. und ich sage… „nahhh.. ja wo kommst du denn her“ und der freut sich und schnuppert an meiner Hand.. -Hundeküsschen- in solchen Momenten vergesse ich, dass ich mich gerade sooo doof fand.. es ist keine Kategorie mehr, weil ich solche Hunde mag.. genauso wie alle Art von Monstern.. sie sind frei in meinen Augen und können machen was sie wollen! Und sie sind niemals langweilig.. niemals !!! Schönheit dagegen… finde ich im Museum gut.. im Leben sind es doch einfach nur Momente , Augenblicke.. und die muss man einfach wahrnehmen.

Zuviel Energie geht verloren mit Bewertungen.. ich traniere gerade nicht mehr so genau hinzusehen… die Augen etwas zukneifen.. n bisschen Schielen.. das reicht meinem Gehirn meistens um sich nicht an den Menschen „festzubeissen“ und sie zu bewerten..und mich auch nicht mehr mit ihnen zu vergleichen.

Bussi deine

„Monster“ Freundin

S.

Frühjahrsdiätenwahnsinn

Hallo, liebe Zombiejägerin-VogelBeschützerin S.!

Die Schlafmaske ist klasse.Wenn du sie andersrum aufsetzt,könnten die Zacken glatt als Gebiss durchgehen, an dem bereits Zombieblut klebt. Oder sind  Zombies blutarm?

Solche  Geschenke sind toll, ich bekomme immer bloss Butterdosen. Naja, 2 mal hab ich jeweils eine bekommen, einmal vom damaligen Ehemann, mit den Worten: Wir brauchen doch sowieso eine. Und die zweite vom Mitbewohner: Du hast doch keine.
Dabei esse ich kaum  Butter.Butter macht mir  vom Angucken  schon das Gefühl von Speckpolstern auf die Hüften. Butterbrezeln machen mir ein schlechtes Gewissen.

Eben hab ich Werbung im Fernsehen geguckt. Vorabendprogramm , die meisten Zuschauer werden Frauen sein um die Uhrzeit, die bügelnd das neueste aus der Glamourwelt erfahren wollten(wie ich) . Und von 5 Werbespots drehten sich 3 um Diäten. Weight watchers, Almased und noch irgendwas. Ich dachte, gehts noch?
Warum immer wieder , im Frühjahr, der Anspruch, leichter und schöner zu werden für die Bikinifigur? Ich habe es auch jahrelang gemacht, dass ich begonnen habe, in der Fastenzeit zu diäten. Brigittediät, weigth watchers, Trennkost, low carb, vegan for fit……..
Mehr als 3 Kilo hab ich nie geschafft. Die waren dann mit den Blätterkrokanteiern zu Ostern-zack- wieder drauf.
Ich habe mir gestern eine neue Frauenzeitschrift gekauft. Barbara, von und mit Barbara Schöneberger, man bzw. frau mag von ihr halten was sie will, aber die Zeitschrift gefällt mir.20160223_181942
In dieser Ausgabe geht es, auch!, um Diäten, aber um die, die frau tunlichst unterlassen soll, weil frau sich so mögen soll, wie sie ist.
Jawoll!
Aber warum ist es so schwierig? Ich habe mir heute(ich hatte wieder meinen Weiterbildungskurs) die anderen Frauen angeguckt, die alle zwischen 40 und fünfzig sind.
Der weibliche Körper verändert sich wohl einfach im Zuge der Wechseljahre. Manch eine hat Glück und bleibt schlank, aber die allermeisten behalten zwar ihre  schlanken Beine, aber was sich darüber aufbaut, wird immer mehr. Der Bauch wird präsenter, die Oberweite ebenso, aber der Po wird flacher. Es ist so. Da kann ich noch so oft ins Fitnesstudio gehen und dort auch Sport machen, meine Silhouette hat sich in den 8 Monaten überhaupt nicht verändert. Am Anfang hat es mich frustriert. Ich war todunglücklich, ich wollte doch  nicht mehr  so aussehen! Mittlerweile allerdings denke ich, es gibt doch  Wichtigeres als mit meinem Selbstbild zu hadern!
Vielleicht sollte ich ein bisschen meinen Kleidungsstil ändern, keine kleingeblümten Volantkleider mit abgeschnürter Mitte und voluminöser Yetiweste mehr anziehen, auch wenn das an der Schaufensterpuppe so toll aussah! Da nützen auch die Fransenstiefel nichts, ich sehe aus wie ein aufgeblasenes Cowgirl.
Es gibt Frauen, die haben Kleidergrösse 48 und sehen klasse aus , weil sie Sachen tragen die zu ihnen passen. Ich möchte immer noch so ein bisschen Hippie sein, aber  Hippiemädchen sind immer dünn gewesen.
Und ein Mädchen bin ich ja schon lange nicht mehr.
Also werde ich weiterhin bunte Kleider tragen, aber mit einem Schnitt, der das betont,was ich an mir mag, und einverstanden sein mit mir und meinem Körper. Das ist , denke ich das wichtigste.
Wie geht es dir damit?

Seien wir gut zu uns und unserem Körper .
Und quälen ihn nicht mit komischen Diäten.
Alles Liebe K.

Geburtstagsgeschenke II.

Liebe K.

ich hatte mir von meinem Mitbewohner ein Vogelhäusschen für die Terrasse gewünscht.

Eins was nicht so monströs ist und was man zwischendurch mal abnehmen kann und reinigen.. und keins aus diesem Billigholz was sich wellt und schimmelt..

Es ist super ! Ich freue mich sehr und lauere schon auf die gefiederten Gäste

Gruss zum Dienstag

S.

Geburtstaggeschenke I.

Liebe K.,

ich erinnere mich gut daran.. dass du im Oktober bei deiner Tante warst und euer Gespräch aufgenommen hast.. so wichtige Erinnerungen..wie gut das du sie festgehalten hast ..

Ich hatte ja angedroht hier das ein oder andere Geschenk zu zeigen..

Also.. du kennst diese Maske ja schon.. sie ist von dir. Ich soll damit die Leute im Zug erschrecken.. die die manchmal so nervig sein können in der Stunde, in der ich zur Arbeit fahre… ich kann sie problemlos auch als Schlafmaske verwenden.. im Zug wohlgemerkt.. da kenn ich nix… mir reicht schon, dass ich sie habe und lachen muss, wenn ich daran denke. Ein Foto davon hab ich jetzt auf dem smartphone.. ich werde es sicher heute auf der Fahrt anschauen.

Gruss zum Wochenanfang

S.

Erinnern

Liebe S.,
Letztes Jahr im Oktober hab ich meine alte Tante in meiner Heimat besucht. Sie ist 83.Sie hat immer viel erzählt , und ich wollte auch immer viel von ihr wissen, nur leider, wie das mit erzählten Erinnerungen so ist, hab ich vergessen oder durcheinander gebracht, was sie mir alles erzählte. Dieses Mal hab ich mir ein Aufnahmegerät mit genommen, ich wollte diese Geschichten, die sie zu erzählen hat, und die zu meiner Identität gehörenm, die wollte ich wissen und bewahren.Wir sassen 2 Abende in ihrer kleinen Küche, mit Blick auf denSee, an dem sie wohnt,  wir assen geräucherten Aal, wir tranken ein wenig Bier, ab und zu rauchte sie eine Zigarette. Die Schatten der Bäume wurden länger. Die Kormorane zogen über das Wasser.Ein Fischerboot schlug Wellen.
Und sie erzählte ihre Geschichten.
Es sind dann 4 einhalb Stunden verwertbarer Text geworden. Einen Auszug schreibe ich hier, denn ich bin auf das Projekt „Gegen das Vergessen“ hier im Blog aufmerksam geworden, über Juck Plotz Beitrag, hier ist es noch mal extra erläutert. (Ich weiss nicht , ob ich das jetzt richtig verlinke, aber ich mach das jetzt mal so.)

Meine VaterFamilie-meine Tante ist die Schwester meines Vaters- ist gebürtig aus Mecklenburg, sie stammen aus „einfachen“ Verhältnissen, mein Grossvater war Maurer, meine UrGrossmutter Dienstmagd bei Hochwohlgeboren.Das folgende ist ein Auszug aus ihren Erzählungen:

Die Nazi-Zeit

….-Opa musste nicht in den Krieg, weil er zu alt war.
Er hat ja den ersten Weltkrieg mitgemacht, aber dafür war er im Volkssturm(1945,) er war Volkssturm Erster, und da hat er und A.P…, der hatte schon einen Arm verloren, im Krieg, mit dem ist er an der Eldebrücke gewesen.Die sollte gesprengt werden.Die Soldaten hatten da Sprengstoff gelegt, kurz vor Schluss, vor dem 3.Mai. Das hat Opa durch geschnitten, damit die Brücke nicht gesprengt wird.
Leider steht da nicht sein Name , an der Brücke,aber da steht:
Plauer Bürger haben das gemacht.

Ja. Irgendwie war Opa doch ein Held. War er, ja….
Ja,und in der Gewerkschaft war er.Er hatte eine Urkunde, 25 Jahre Gewerkschaft, im Zimmer hing die, nachher war sie weg. Und da stand drauf:
Einer für alle, Alle für einen.
So ist der Spruch gewesen.
Während der Nazi-Zeit konnte er in der Gewerkschaft bleiben, das hat keinen gekümmert.Das musste er nicht verstecken,
Obwohl P(der Ort) voll war von Nationalsozialisten. Aber die haben sich zurück gehalten- …..

….-Der Alltag

Wir haben so gut es ging , Musik gemacht miteinander. 1945 hatten wir ja keinen Strom abends, dann kamen noch mehr Freunde aus dem Ort und der Strasse zu uns, M… ist dir vielleicht ein Begriff, Hans M….l. Und dann haben wir Blockflöte und Mandoline gespielt, und die Eltern haben dabei gesessen. Dann stand ne Kerze auf dem Tisch, selbstgedrehte Kerzen, meine Mutter hat dann aus dem Wachs auch Bohner gemacht, für den Fussboden(Bohnerwachs) und mein Vater hat die Zeitung gelesen, Pfeife geraucht, Mutti hat gestopft, oder gestrickt, oder irgendwas, und dann haben wir uns Geschichten erzählt.Unser Vater konnte tolle Geschichten erzählen.Spökenkiekerei.Und der hatte für alles irgendeinen Spruch.Das fand ich immer so toll.Aber ich kann mich leider gar nicht mehr an diese Geschichten erinnern.

……-Der Krieg
Opa versteckt die Mädchen. 1945

Eingemauert hat er uns.Wenn du so willst. Am Ende vom Hof, vom Garten war ja so eine kleine Mauer und dahinter floss die Elde.
Er hat hinter dem Garten zwischen dem Schwienstall an der Stadtmauer einen Verschlag gemacht, alles zugestellt mit Holz,und da war Stroh drin, in dem Raum.Und dann hat er ein Loch geschlagen in die Mauer,das wir da durch konnten, und da wurde so ein Schrank vorgeschoben.
Und G…. , also dein Vater, und R…waren mit einer alten Frau im Haus im Wohnzimmer, und die Russen haben immer gefragt: Wo Frau, Wo Frau? Die konnten sich das nicht erklären, dass wir nicht mehr da waren, und wo wir waren.Wir waren , glaub ich, über 20 Frauen drin.
Die suchten alle Schutz bei meinem Vater.
Wenn die Russen dahinter gekommen wären, ich glaub , die hätten meinen Vater auch erschossen.Wir haben das gemerkt, das die Russen da waren, wir waren so still, du hättest da wirklich die berühmte Nadel im Stroh fallen hören.So leise ist das gewesen. Und G… und R… , die waren draussen.Mit dieser alten Frau.Der haben die Russen wohl nix getan. Die war wohl selbst für die Russen zu alt. Die sei schon faul, haben die Russen gesagt.Furchtbar.
Und nach ner Weile haben wir dann gemerkt, wie die Russen auf dem Hof waren und mit der Taschenlampe durch das Holz, weisst du, wenn da so Ritzen sind, wie die da durch geleuchtet haben.Und da kam dann der Schein da rein, aber die konnten das (uns)nicht sehen.Die sind denn wieder abgehauen.Aber weisst du, ich hab in meinem ganzen Leben noch nicht so gezittert und auch nie wieder solche Angst gehabt.
Und denn war das ja Sommer, und es war so warm und die Schafe die blökten, und die Kühe haben Lärm gemacht und mussten gemolken werden, und die Schweine, und dieses Geblöke und so, das hör ich immer noch, das war schlimm.Ja, das war keine schöne Zeit, aber irgendwie haben wir die dann doch noch als schön empfunden.

…Geschwister…
G… ist ja nur ein Jahr jünger als ich. Aber ich hab die Verantwortung für meine jüngeren Geschwister übernehmen müssen.Und weisst du, ich seh dieses Bild immer noch… wir hatten ja auch nichts zu essen,E…(Älteste Schwester)brachte zwar immer Brotmarken mit,wir mussten ja Marken kleben, aber das hat nie gereicht  und ich stand am Küchenschrank und die drei Kleinen neben mir, und hatten Hunger.Und da war nichts drin.ImSchrank.
Das geht mir nicht aus dem Kopf.Das war schlimm.20150927_154954.jpg

Und du weisst ja, ich hab W…(Schwester) immer um mich rum gehabt.Zu Hause immer.Und nachher in Rostock haben wir in einem Betrieb gearbeitet,auch hier, in E…,und das ist mir schon ganz schön schwer geworden, als sie gestorben ist(2014).

Daher kommt auch dieser ganz starke Geschwisterverbund, wenn man so schlimme Zeiten miteinander durchgemacht hat.Und trotzdem haben wir aus allem was gemacht. W… kam nachher ins Internat, auf die Oberschule, ich war in der Schule keine grosse Leuchte.

….denn wir haben ja im Krieg und auch nach dem Krieg kaum Schule gehabt.
Wir haben uns dann alles selber anlernen müssen.

Aber wir haben ja trotz allem ne schöne Jugend gehabt, wir hatten ja einen grossen Hof, und das gute war ja, das wir ein eigenes Haus hatten.
Wir haben da Höhlen gebaut, und wenn Gewitter war, dann hatten wir so eine Leiter hingelegt, Säcke rauf und da sind wir dann unter gekrochen.Wir waren immer zu dritt, oder nee, zu viert…nein, also ich war vielleicht immer manchmal bisschen böse mit den Gören, aber wenn man da erzieht , dann muss man manchmal bisschen streng sein.Aber das, denk ich, haben sie mir auch nicht so übel genommen.Die sind ja immer noch zu mir gekommen.

….Menschlichkeit
Und einmal musste mein Vater wo arbeiten, in  Rostock, das war im Krieg oder kurz davor, und da wurde er bewacht von den Nazis, und da war so ein alter Jude, den liessen die Nazis immer mit einem Stein in der Hand auf und ab springen.Und wenn der stolperte, haben sie ihn geschlagen. Der war wohl schon so alt und gebrechlich und Opa konnte das nicht mit ansehen. Der hat zu den Nazis gessagt,das das unwürdig ist,was die da machen und da haben die mit dem Gewehr auf meinen Vater gezielt und gesagt, wenn du noch einmal das Maul aufmachst, geht es dir genauso!
♥      ♥     ♥
Es gibt noch mehr Geschichten, ich habe sie eben alle noch mal gelesen, und bin wieder sehr berührt davon. Sie hat an den Abenden da gesessen und immer wieder gesagt,“ Ach Mensch, Kat… die Menschen sind doch immer noch nicht schlauer geworden, die machen denselben Sch… doch immer noch, hört das denn gar nicht auf?“
Sie hat immer wieder betont, dass sie ein gutes Leben hatte, wie wichtig ihr die Geschwister waren, die Familie, aber „den Krieg,…nee, datt hätt nicht sin möt“.
1950 bis 1960 sind sie und ein Teil ihrer Geschwister in den Westen geflüchtet, teilweise unter abenteuerlichen Umständen.

Und deshalb werde ich immer wütend, wenn ich die Stimmen gegen Flüchtlinge höre, wenn ich von Mauern höre, die gebaut werden sollen, wenn ich diese Diskussion über Familienzusammenführung höre… ich weiss wie das ist, wenn man einen Teil seiner Familie nicht sehen kann. Ich weiss wie das ist, wenn jemand seine Heimat verloren hat.
Und noch ein Nachsatz zu ihrer Bezeichnung: „Die Russen“. Das bedeutet nicht, das alle Russen böse Menschen sind. Es bedeutet, das es in jedem Krieg Menschen gibt, die die Achtung und den Respekt vor anderen „fremden “ Menschen verloren haben. Mittlerweile, denke ich, ist das sogar im Frieden der Fall.

Sehr nachdenkliche Grüsse

Kat.
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Zum heutigen Tag

Liebe K., vielen Dank !

es war ein schöner Geburtstag heute… mit Ausflug ins fast Grüne.. spazieren gehen, Kaffee trinken und vielen lieben Telefonaten am Abend.. von den Geschenken wird sicher das ein oder andere hier mal als Foto auftauchen.. Dieses Jahr gabs nur tolle Sachen und alle sehr sehr passend!

Ich habe mich ja vor ein paar Jahren auf den Weg gemacht, die zu werden die ich bin.. insofern gibts sicher auch weiterhin Überraschungen..

Herzliche Grüße deine  S.                                                                                                                 images